Schon gewusst ? – “Das Kirchenportal”
Ein Beitrag von Hannelore Wenzel
Für viele Menschen unserer Zeit sind Kirchen zu Museen geworden.
Trotzdem erfahren Kirchen auch heute noch eine Wertschätzung in unserer Gesellschaft, besonders, wenn sie kunsthistorisch etwas zu bieten haben. Ich möchte die Leser der Beiträge unserer Homepage einladen, unsere Kirchen wieder verstehen zu lernen und dabei den Fokus auf einen katholischen Kirchenraum legen.
Beginnen möchte ich meine Betrachtung mit dem Kirchenportal, der Kirchentür.
Beobachtung eines indischen Priesters.
Die Beobachtung eines jungen indischen Priesters, mit dem ich mehrere Kirchen in Frankfurt und in der Umgebung besucht habe, hat mich nachdenklich gestimmt. „In den Kirchen habe ich sehr viele Abbildungen von Heiligen wahrgenommen“, so der Priester, „aber Jesus Christus konnte ich meist erst nach erneutem Hinsehen in den Kirchen entdecken. Bei uns in Indien ist das anders. Wenn Du in eine Kirche kommst, dann springt Dir sogleich ein Bild von Christus ins Auge. Du spürst sofort, dass es hier an diesem Ort um ihn geht und Du ihm hier begegnen kannst.“
Das Wort Kirche bedeutet: die zum Herrn Gehörenden.
Das deutsche Wort Kirche leitet sich vom griechischen Adjektiv kyriaké ab, in der Bedeutung von “dem Herrn gehörend”. Die Christen im 3. Jahrhundert nannten sich die Kyriaké: die zum Herrn Jesus Christus Gehörenden. Sie bezogen sich dabei auf ihre Taufe, denn in der Taufe werden wir Christen in die Kirche aufgenommen.
Wir verbinden mit dem Wort Kirche meist nur die Kirche als einen Ort, den Kirchenraum. Die Gemeinschaft der zu Christus Gehörenden – alle getauften Menschen – ist nicht an einen Kirchenraum gebunden. Das Wort Kirche bezeichnet damit nicht nur den Kirchenraum, das Kirchengebäude, sondern unsere Zugehörigkeit zum Herrn.
Nicht nur Christus, auch die Bedeutung eines Kirchenraumes sind vielen fremd geworden.
Eine katholische Kirche ist mehr als nur ein Versammlungsraum. Sie ist für die Gläubigen ein besonderer Ort, ein Ort, an dem sich Himmel und Erde berühren (Offb 21,3). Wie eine Haustür von der Außenwelt in eine abgeschlossene Wohnung führt, so die Kirchentür in den Kirchenraum.
Mit einer offenen Tür verknüpfen wir meist positive Assoziationen: Gastfreundschaft und Offenheit für den Menschen. Viele Kirchen öffnen ihre Türen nicht nur vor Beginn des Gottesdienstes. In Liebfrauen ist die Tür den ganzen Tag über für Besucher und Beter geöffnet.
Durch die Kirchentür gelangt man in den „Atem-Raum“ des Glaubens.
“Hier atmet der Glaube Geschichte und das Leben von Menschen. Der Raum spricht Gottes Nähe zu uns an.“ (Kirche im Kleinen, Raum für den Glauben – Entdeckungen im Kirchenraum, Bonifatius Werk der katholischen Katholiken, S. 3).
Die Kirchentür ist ein Symbol für Jesus Christus:
Symbole weisen auf etwas hin, das außerhalb ihrer selbst liegt.
Jesus hat von sich gesagt:
- „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden” (Joh 10, 9).
- „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich” (Joh 14, 6).
- „Geht durch das enge Tor! Denn weit ist das Tor und breit der Weg, der ins Verderben führt, und es sind viele, die auf ihm gehen. Wie eng ist das Tor und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und es sind wenige, die ihn finden! (Mt 7, 13-14).
- „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür, durch die enge Tür zu gelangen“ (Lk 13, 24).
Der Evangelist Matthäus schreibt in seinem Evangelium, dass in der Todesstunde Jesu der Vorhang im Tempel zerriss und die Trennung zwischen Gott und Mensch damit endgültig durchbrochen wurde (Mt 27,51).
Die Kirchentür ist auch ein Symbol für die Türen in unserem Leben, die Jesus in uns öffnen möchte:
Jesus selbst durchschreitet Türen, überwindet Mauern und Abgrenzungen. Er öffnet Menschen Türen, die am Rande der Gesellschaft leben, nimmt Menschen wahr, die niemand beachtet und schenkt ihnen Aufmerksamkeit. Er öffnet Menschen eine Perspektive: Kranken (Mk 2, 1-12), Blinden (Mk 10,46-52); Kindern (Mk 10,13-16) und Zöllnern (Mk 2, 13-17; Lk 19, 1-10). Jesus möchte, dass auch wir zu Türen für unsere Mitmenschen werden.
Die Kirchentür ist ferner ein Symbol für die Nähe Gottes in unserer Lebenswelt.
Bevor wir uns Gott zuwenden, öffnet er uns bereits die Tür zu ihm. Aber nicht alle Menschen öffnen Gott ihre Tür. Gott steht dann vor deren verschlossenen Türen. Papst Johannes Paul II forderte am 22. Oktober 1978, dem ersten Tag seines Pontifikates, die Menschen auf: „Habt keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!“
Eine Kirchentür ist ein Symbol für den Eingang zum Haus Gottes:
In der frühen Kirche durften nur Getaufte die Kirchenschwelle überschreiten. Das Durchschreiten der Kirchentür symbolisierte den Übergang und den Weg in die Nähe Gottes.