„Mein Standpunkt schenkt mir Sinn“
Ein Plädoyer für den eigenen Standpunkt
von Br. Bernd Kober

Beitragsfoto_Mein Standpunkt gibt mir Sinn_Br. Bernd Kober, Liebfrauenkirche Frankfurt

„Mein Standpunkt schenkt mir Sinn“

Eine Position einzunehmen, kann Reibung und Konflikt bedeuten. Aber auch: Heimat und Sinn. Ein Plädoyer für den eigenen Standpunkt von Br. Bernd Kober aus Frankfurt am Main.

Standorterkennung einschalten oder ausschalten? Das frage ich mich nicht nur, wenn ich mein Smartphone benutze. Standorte bestimmen die Perspektive. Die, die ich einnehme. Und auch, wie andere mich sehen. Einen Standpunkt zu haben heißt, nicht auszuweichen. Widerstand, Reibung, Konflikte können entstehen und das Leben schleifen.

Mit meiner Entscheidung, Kapuziner zu sein, nehme ich einen Standpunkt ein. Es ist ein Standpunkt, der eine deutliche Kontur hat. Ich habe eine Lebensentscheidung getroffen – auf Dauer. Diese Dauerhaftigkeit erfährt Gegenwind in Zeiten schnellen Wandels und der Multiplizierung der Möglichkeiten. Einen Standpunkt haben heißt manchmal, etwas zu verpassen. Für mich heißt es auch, etwas zu gewinnen: Verwurzelung, Heimat, Sinn für mein Leben und innere Ruhe.

Wenn ich in diesem Moment über meinen Standpunkt nachdenke, sitze ich mitten im Zentrum Frankfurts in unserem Kloster neben der Liebfrauenkirche. Von hier aus schaue ich auf die Menschen dieser Stadt und auf mich. Durch verschiedene Türen kommen zahlreiche Menschen herein. Sie kommen mit Vertrauen. Etwa Arme und Obdachlose – materiell arm und ohne festen Wohnsitz. In unserer stabilen Lebensentscheidung als Kapuziner können wir ihnen ein stabiles, verlässliches Angebot machen. Sie finden Halt. Es kommen Menschen, die in den scheinbar grenzenlosen Möglichkeiten von Unterhaltung und Spaß in dieser Stadt die harten Grenzen dieser Unterhaltungsmaschine spüren.

Der Geräuschpegel der Feiernden rund um Haus und Kirche ist fast unerträglich hoch. Im Beicht- und Gesprächszimmer werden die leisen Töne hörbar, die von der Armut des Lebens singen. Das befreit, klärt, lässt fragen: Was ist Glück?

Für diese Menschen einen Raum und mein Ohr offen zu halten und meine Zeit zu investieren, lehrt mich Vieles, weitet meinen Blick, kostet Kraft, schleift mich zurecht, schenkt Freude, macht mein Christsein an diesem Ort aus. Mein Standpunkt schenkt mir Sinn.

 

Das Plädoyer von Br. Bernd ist auf der Homepage der Deutschen Kapuzinerprovinz erschienen.

Dort können Sie sich auch das Magazin der Kapuziner cap! nach Hause bestellen oder als PDF herunterladen.

 

Weitere Links:

👉 Besuchen Sie uns in Liebfrauen
👉 Und besuchen Sie auch die Deutsche Kapuzinerprovinz